Ausgangssituation
Da unangenehme Geräusche wie Quietschen oder Knarzen einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung der Fahrzeugqualität und des Komforts haben sowie ein Sicherheitsrisiko darstellen, wird von Seiten der Automobilhersteller der Störgeräuschprävention ein hoher Stellenwert eingeräumt. Störgeräusche entstehen, wenn kontaktierende Materialien mit ungünstigem Reibverhalten in Relativbewegung versetzt werden, z. B. durch die Ruckelbewegung beim Fahren oder eine Funktionsbewegung wie beim Öffnen eines Fensters. Im Fall von Dichtungen kann zur Störgeräuschprävention das Reibverhalten beispielsweise mit Hilfe von Flock verbessert werden, was gegenüber einem Gleitlack den Vorteil einer höheren Stoß- und Geräuschabsorption mit sich bringt. Beflockte Dichtungen werden im Fahrzeug häufig z. B. im Tür- und Fensterbereich, für Handschuhkästen, Hutablagen und Ablagefächer verwendet. Trotz der in diesem Bereich vorgenommenen Optimierungen kommt es in Abhängigkeit der Einbausituation sowie der mechanischen Belastungen und der klimatischen Bedingungen aber immer wieder zu ungewollten reibungsbedingten Störgeräuschphänomenen bei beflockten Dichtungen.
Projektziel
Ziel des Projektes war die Analyse und Beschreibung des Reibungsverhaltens beflockter, automotiver Dichtungen sowie die Erarbeitung von Möglichkeiten zu dessen gezielter Beeinflussung.
Lösungsweg
Der Lösungsweg basierte auf einer zweigeteilten Betrachtung, einerseits auf der flockseitigen Variation der Materialeigenschaften und andererseits auf der parameterseitigen Variation der Reibung. Beide können unabhängig voneinander oder durch ihre Kombination zur Geräuschentstehung führen. Die Analyse bisher unbekannter Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften beflockter Materialien und deren Reibungs- bzw. Störgeräuschverhalten war damit der zentrale Bestandteil. Anschließend wurden alternative Verfahren zur nachträglichen Modifizierung beflockter Oberflächen hinsichtlich ihrer Eignung zur Minimierung von Reibung und Reibinstabilitäten untersucht. Für die gezielte Beeinflussung der Reibung an beflockten Dichtungen wurden die Plasmatechnologie, die Laserstrukturierung sowie die Möglichkeit der Textilausrüstung ausgewählt und mit der aktuellen Gleitlackbehandlung verglichen (Abbildung 2).
Ergebnisse | Nutzen
Auf Basis eigens hergestellter sowie industriell gefertigter Flockproben (z. B. Abbildung 1) konnten die Einflussgrößen bezüglich der Flockparameter (Flockdichte, Flocklänge usw.) erfolgreich in Zusammenhang mit der Ausbildung der Reibungseigenschaften gebracht werden. Dabei wurde auf Basis von Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen ein automatisches Flockfaser-Zählsystem benutzt. Im Rahmen der Untersuchung der alternativen Varianten zur Reibungsminimierung konnte vor allem die Textilausrüstung zu einer wesentlichen Reibminderung führen. Die Laserstrukturierung sollte die Reibkontaktfläche verringern. Der Effekt auf die Reibung ist aber eher als gering zu betrachten. Das Potenzial der Plasmabehandlung von beflockten Oberflächen ist vorhanden, bedarf aber noch weitergehender Optimierung für diese spezielle Anwendung. Es konnte gezeigt werden, dass mit alternativen Varianten die Referenzreibwerte einer gleitlackbeschichteten Variante erreicht und teilweise auch unterschritten werden konnten.
Die mit dem geplanten Vorhaben angestrebten Ergebnisse zur Beeinflussung der Reibeigenschaften von beflockten Dichtungen dienen dazu, den wachsenden Bedarf an innovativen, geräuschoptimierten und qualitativ hochwertigen Dichtungsmaterialien zu decken. Gleichzeitig werden die im Projekt entwickelten Prüfverfahren als Grundlage für neue Standards und Normen dienen, um die Wirksamkeit der Dichtungen im Vorfeld zuverlässiger zu prüfen und damit Garantiekosten zu senken.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 20704 BR der Forschungsvereinigung „FILK Freiberg Institute gGmbH, Meißner Ring 1 – 5, 09599 Freiberg“ wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.