Ausgangssituation
Materialien wie Leder und Kunstleder unterscheiden sich wegen ihres viskoelastischen Charakters stark von (halb)harten Kunststoffmaterialien, bei denen bereits Kratzprüfungen etabliert sind. So kommt es bei Leder- und Kunstledermaterialien während der Kratzbeanspruchung zu einer merklichen Ausdehnung in Beanspruchungsrichtung und infolgedessen zu abweichenden Schadensbildern (häufig als „Rattermarken“ bezeichnet). Anders als bei harten Werkstoffen wird bei der Kratzbeanspruchung solcher viskoelastischen Materialien der gesamte zu prüfende Werkstoff bzw. Werkstoffverbund verformt, wodurch die Krafteinwirkung stark verändert wird.
Projektziel
Ziel war es, eine Methode zu entwickelen, welche eine aussagekräftige Prüfung des Verhaltens von Leder und Kunstleder gegenüber Kratzbeanspruchungen und der sogenannten Schreibneigung gestattet.
Ergebnisse
Im Vorhaben wurde eine Reihe von Prüfkörpern hinsichtlich ihrer Eignung zur Charakterisierung der Kratz- und Schreibempfindlichkeit von unkaschierten Leder- und Kunstledermaterialien durch systematische Messungen untersucht. Weiterhin wurde der potentielle Einfluss von wesentlichen Faktoren (Prüfgeschwindigkeit, Zustand des Prüfkörpers, mögliche Werkstofferholung) auf das Prüfergebnis untersucht.
Ausgehend von einer Klassifizierung möglicher Schädigungsphänomene wurde ein Bewertungssystem basierend auf einer visuellen Notenbewertung unter definierten Beobachtungsbedingungen entwickelt.
Die quantitative, farbmetrische Bewertung erwies sich als sehr gut geeignet, um graduelle Unterschiede der durch die Probenbelastungen hervorgerufenen Oberflächenveränderungen, wie sie z. B. durch Variation der Belastungsparameter hervorgerufen werden können, zu untersuchen.
Es hat sich dabei gezeigt, dass für eine gesicherte Aussage über die Kratzbeständigkeit solcher viskoelastischen Materialien eine Kombination von Prüfkörpern zu verwenden ist, um die bei den verschiedenen Anwendungen möglicherweise auftretenden Beanspruchungsbedingungen besser abzubilden.
Ausblick
Im Bereich der Materialprüfungen sind Kratz- und Schreibfestigkeitsprüfungen an flexiblen und deformierbaren Materialien insbesondere in den Branchen Kfz- und Möbelindustrie, sowie auch für Bekleidungs- und Täschnerwaren von Bedeutung. Die vorgeschlagene standardisierte Prüfmethodik ist technisch mit begrenztem Zeit- und Investitionsaufwand realisierbar und kann somit auch aus wirtschaftlicher Sicht vorteilhaft umgesetzt werden.
Die entwickelte Prüfmethode bietet weiterhin die Möglichkeit, die Kratz- und Schreibempfindlichkeit von Leder- und Kunstledermaterialien gezielt zu verbessern und damit auch neue Materialvarianten für entsprechende Anwendungsbereiche zu entwickeln. Besonders die Leder- und Kunstlederhersteller, Verarbeiter bzw. Systemlieferanten profitieren durch die erleichterte Entwicklung von kratzbeständigen Materialien bzw. Erzeugnissen und das verbesserte Qualitätsmanagement ihrer Produkte.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben „Kratzprüfung von weichelastischen Flächenmaterialien“, Reg.-Nr.: MF 120179 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen in Ostdeutschland – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.