AUSGANGSSITUATION
Kunststoffbahnenwaren finden in zahlreichen Bereichen unseres alltäglichen Lebens Anwendung. Beispielsweise im Bauwesen in Form von Fußbodenbelag oder Wandverkleidung, als Interieur in Automobilen, Flugzeugen oder anderen Fahrzeugen und als Polster- und Bezugsmaterialien für öffentliche oder private Einrichtungen. Dabei stehen Kunststoffbahnen aus Polyurethan (PUR) immer mehr im Fokus, da diese als halogenfreie Alternativen zu PVC-basierten Produkten dienen können. PUR weist jedoch eine hohe Brennbarkeit auf und stellt im Brandfall bei unzureichendem Flammschutz eine bedeutende Gefahrenquelle dar.
PROJEKTZIEL
Mit dem Forschungsvorhaben sollten Zusammenhänge zwischen der Wirkungsweise von Flammschutzmitteln (FSM) in dünnen, flexiblen Materialien und den verschiedenen Brandprüfkonzepten erarbeitet werden.
LÖSUNGSWEG
Zunächst wurden Versuche mit Modellfolien durchgeführt, welche eine Funktionsschicht des Verbundmaterials Kunstleder darstellen. Dafür wurde ein umfangreiches Probenset bestehend aus vier verschiedenen PUR‑Systemen (zwei High Solids, zwei wässrige Dispersionen) und sechs FSM erstellt. Die FSM wurden in zwei verschiedenen Konzentrationen eingesetzt (10 / 30 phr) und die Folien in kompakter bzw. geschäumter Form angefertigt. Weiterhin wurden Zusammenhänge zwischen thermoanalytischen Methoden wie TGA und DSC mit typischen Brandprüfungen herausgearbeitet.
ERGEBNISSE
Die Modellfolien wurden mit Brandprüfmethoden (horizontales Brennverhalten, LOI, Cone-Kalorimetrie) charakterisiert. Dabei stellte sich entgegen den Erwartungen heraus, dass FSM enthaltende Folien überwiegend besser brennen. Dies galt für FSM verschiedenster Materialklassen (organisch, anorganisch, mineralisch) und verschiedenster Wirkungsweisen (Radikalfänger, Charing, Kühlung). Zur Aufklärung dieser unerwarteten Ergebnisse wurden thermoanalytische Methoden angewandt. Dabei lieferten insbesondere die TGA sowie die ETV (Elektrothermisches Verdampfen)-ICP-OES aussagekräftige Ergebnisse. Mit diesen beiden Methoden wurde festgestellt, dass FSM erst bei höheren Temperaturen als das Polymer (PUR) zersetzt werden und somit bspw. keine Kühlung oder Radikalfänger-Reaktion stattfinden kann.
Bei den Untersuchungen der Verbundmaterialen zeigte sich das erwartete Verhalten. Hier zersetzte sich das FSM bei geringeren bzw. gleichen Temperaturen wie das Polymer. Auch mit den Brandprüfungen wurde die Wirkung der FSM nachgewiesen. Wie die Abbildung zeigt, sind die LOI-Werte der FSM-enthaltenden Kunstleder höher als vom Kunstleder ohne FSM. Mit steigender FSM-Konzentration steigt auch der LOI-Wert. Keine Rolle spielte, ob der Zwischenstrich des Kunstleders kompakt oder geschäumt vorlag.
Von beiden Forschungseinrichtungen wurden zahlreiche Methoden zur Charakterisierung des Brand- und Zersetzungsverhaltens angewandt. Aufgrund der geringen Probendicke mussten viele Methoden angepasst und optimiert werden. Einige Methoden, wie bspw. die Bestimmung der Zündtemperatur, stellten sich als ungeeignet heraus. Die Ergebnisse der Thermoanalysesysteme konnten nicht miteinander korreliert werden. Hingegen war eine Korrelation der Brandprüfmethoden gut möglich.
Mit Hilfe der TGA können zukünftig Voraussagen getroffen werden, ob ein FSM wirkt oder nicht, aber nicht in welchem Maße. Entscheidend ist, dass das Verbundmaterial geprüft wird, da die Ergebnisse der Einzelschichten keine Übereinstimmung mit denen der Verbunde zeigen.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 19779 BR der Forschungsvereinigung „Forschungsinstitut für Leder und Kunststoffbahnen gGmbH“, Meißner Ring 1 – 5, 09599 Freiberg wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.