AUSGANGSSITUATION
In der Biologie und Medizin werden unterschiedliche Modelle und Präparate aus verschiedenen Werkstoffen für die Vermittlung der Anatomie verwendet. Je nach Modell werden Form, Farbe und Größe sowie die anatomischen Lagebeziehungen der Organe untereinander dargestellt. Die Anwendungsmöglichkeiten von Modellorganen aus Kunststoff oder Latex für das Operationstraining sind jedoch sehr begrenzt und der Bedarf an realistischen und funktionellen Modellen für die chirurgische Ausbildung ist enorm. Dafür müssen nicht nur anatomische und optische, sondern vor allem auch haptische und funktionelle Eigenschaften abgebildet werden, um eine Bearbeitung mit Operationsinstrumenten zu ermöglichen.
PROJEKTZIEL
Ziel des Projektes war es daher, Technologien mit geeigneten Rezepturen auf Kollagenbasis zu entwickeln, um Modellorgane mit verschiedenen Formgebungsverfahren kostengünstig herstellen zu können.
LÖSUNGSWEG
In einem Anforderungskatalog wurden zunächst die Rahmenbedingungen und Zielstellungen festgelegt, welche Materialeigenschaften am Modell zwingend abzubilden sind. Dazu gehört,dass neben der chirurgischen Manipulation mit scharfen und elektrischen Messern und Instrumenten auch die Darstellung in diagnostischen Bildgebungsverfahren möglich ist. In Absprache mit Chirurgen wurden Details für die Formgebung überarbeitet. Nach diesen Vorgaben wurden Aluminiumgussformen angefertigt. Durch Optimierung der Rezepturen, mit sehr unterschiedlichen Auslegungen, je nach Art des Modells und der Operation, die daran trainiert werden soll, können mit den Formen Modelle zunächst gegossen werden.
Die Formen wurden so überarbeitet, dass sie trotz des Gewichts handhabbar sind (mehrteilig), die Modelle schnell aushärten (Kühlung) und gut entformt werden können. Je nach Modell werden diese in weiteren Schritten beschichtet und stabilisiert, bis an den Gesamtmodellen chirurgische Interventionen wie Schneiden, Klippen, Nähen, Kleben mit Original-OP-Instrumenten durchgeführt werden können. Gleichzeitig geben die Modelle haptische, optische und funktionelle Eigenschaften der Organe wieder und ermöglichen ein realitätsnahes Training in Verbindung mit einem geeigneten OP-Trainingstorso. Für die Herstellung eines Darmmodells wurde die Düsengeometrie für die Schlauchextrusion angepasst. Durch die asymmetrische Anordnung der Austrittsdüse überwirft sich das Material und es entstehen die typischen Falten und Tänien des Darms.
ERGEBNISSE
Mit den Modellen können zurzeit folgende Eingriffe in chirurgischen Trainingskursen geübt werden:
Cholezystektomie: die Galle kann aus dem Leberbett herauspräpariert werden
Biopsie an der Leber: Entnahme von „Organmaterial“ mit einer speziellen Nadel
Appendektomie: Entfernung des Blinddarms mit einer Schlinge
Endoskopie (Darm): Untersuchung des Darms, trainiert wird die allgemeine Instrumentenhandhabung und Orientierung im Körper
Gastroskopie und Gastrostomie: Untersuchung des Magens und Legen einer Magensonde, sowohl durch die Speiseröhre als auch über die Bauchdecke mit Hilfe einer Veressnadel
Gießfähige Modelle können mit den angefertigten Gussformen im Kleinserienmaßstab gefertigt werden. Das Darmmaterial wird durch Extrusion als Endlosware hergestellt. Alle Modelle sind soweit konserviert, dass sie bis zu 8 Wochen problemlos bei Raumtemperatur gelagert werden können. Im Vergleich mit marktüblichen Preisen für Organpakete vom Schlachthof können mit den Modellen auf Kollagenbasis kostengünstige Alternativen angeboten werden.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben „Modellorgane für das Chirurgentraining“, Reg.‐Nr.: MF120110 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE‐Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen in Ostdeutschland – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.