Ausgangssituation
Die im Inneren von flexiblen Verbundmaterialien durch mechanische Beanspruchungen hervorgerufenen strukturellen Verformungsmechanismen sind für eine Vielzahl von verarbeitungs- und gebrauchsrelevanten Fragestellungen von grundlegender Bedeutung. Die häufig sehr unterschiedlichen mechanischen und strukturellen Eigenschaften der Einzelkomponenten bestimmen maßgeblich das Verhalten des Gesamtverbundes.
Aktuell gibt es zwar Verfahren und Techniken zur Bildgebung und Bildkorrelation, jedoch keine anwendungsreife Methode, mit welcher die inneren Verformungsvorgänge im Querschnitt flexibler Verbundmaterialien adäquat verfolgt werden können. Bisher gibt es nur wenig Erfahrungen bei der Anwendung der digitalen Bildkorrelation (DIC) auf lichtmikroskopische Serienbilder.
Projektziel
Es sollte eine praktikable, mit begrenztem Zeit- und Geräteaufwand durchführbare Methode auf Basis der Lichtmikroskopie entwickelt werden, um Verformungsvorgänge in verschiedenen Ledermaterialien und beschichteten Textilien durch sequentielle Beobachtung an Materialquerschnitten zu verfolgen. Neben der manuellen Auswertung sollte durch den Einsatz einer speziellen DIC-Software eine genaue 2D-Auswertbarkeit der Verformungen ermöglicht werden.
Lösungsweg
Die lichtmikroskopische Aufnahmetechnik musste hinsichtlich der Beleuchtung und Erstellung von tiefenscharfen Einzel- und Panoramaaufnahmen auf die Erfordernisse der Aufgabenstellung angepasst werden. Ein weiterer Schwerpunkt galt der Konzipierung, technischen Umsetzung und Erprobung von Miniaturprüfvorrichtungen zur Realisierung der anvisierten Beanspruchungen. Ein umfangreicher Projektteil beschäftigte sich mit der systematischen Bild- und Softwareoptimierung zur Auswertung der Bildserien.
Ergebnisse | Nutzen
Es ist gelungen, innere Verformungsprozesse an diversen Materialien bei mechanischen Beanspruchungen ortsaufgelöst zu erfassen. Unter Berücksichtigung des begrenzten Arbeitsabstandes (Mikroskoptisch ↔ Objektiv) und der Forderung nach einer hohen Positionsgenauigkeit bei kleinsten Verschiebungen wurden Miniaturprüfvorrichtungen und -werkzeuge entwickelt, mit denen sich einachsige mechanische Be-/Entlastungen (Druck/Zug, Biegung, Scherung) am Materialquerschnitt weggesteuert simulieren lassen (s. Abb. 1, exemplarisch).
Durch Anpassung der Aufnahme- und Softwareparameter ließen sich tiefenscharfe Bilder realisieren, zu Panoramabildern und Verformungssequenzen zusammenfügen und sowohl mittels manueller als auch digitaler Bildanalyse auswerten. Verschiebungen und Formänderungen konnten mit Hilfe von DIC erfasst sowie deren Bedingungen und Verfahrensgrenzen ermittelt werden. Im Fall von strukturlosen Materialien, wie poren-/füllstofffreien Polymerschichten, kann die Strukturverfolgung durch Auftrag eines feinzerstäubenden Partikelsprays verbessert werden. Bei kontrast- und strukturvarianten Materialquerschnitten (s. Abb. 2) ist dies häufig nicht erforderlich. Aufgrund der besonderen Struktur und des auf Faserebene nicht monotonen Verhaltens ist die Strukturverfolgung textiler Gebilde mittels DIC zumeist nicht umsetzbar.
Mit Hilfe der entwickelten Methodik ist es u. a. möglich, Verformungszonen, Materialverdrängungen, Dehnungskonzentrationsstellen, schicht- und komponentenspezifische Deformationsprozesse im µm-Skalenbereich zu untersuchen.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben „Methode zur Verformungsanalyse flexibler Verbünde im Querschnitt“, Reg.-Nr.: 49MF180025 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz (INNOKOM) – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.