Ausgangssituation
Das Alterungsverhalten und die Medienverträglichkeit von PUR-beschichteten Textilien (PUR-Kunstleder) sind seit Jahrzehnten ein wesentlicher Schwerpunkt von Qualifizierungsprozessen und Produktentwicklungen. Oftmals wird davon ausgegangen, dass das üblicherweise durch starke Quellung, Risse oder Delamination gekennzeichnete Materialversagen durch hydrolytische und photooxidative Alterungs- und Abbauprozesse der PUR-Beschichtung hervorgerufen wird. Es gibt auch vereinzelte Hinweise darauf, dass körpereigene und synthetische Öle und Fette diese Alterungsprozesse unterstützen und sich gleichermaßen auch „falsche“ Reinigungs- und Pflegemittel negativ auswirken.
Jedoch ist die Untersuchung der kombinatorischen Wirkung unterschiedlicher Bewitterungsfaktoren und Medieneinflüsse auf die physikalischen Eigenschaften PUR-beschichteter Textilien aktuell kein Bestandteil etablierter Prüfmethoden. Dadurch ergeben sich zwangsweise Einschränkungen bei der Materialentwicklung und im Gebrauch.
Projektziel
Die Zielstellung des F&E-Vorhabens war die Entwicklung einer neuen komplexen Methode, die es ermöglicht, das gebrauchstypische Alterungsverhalten von PUR-beschichteten Textilien (PUR-Kunstleder) unter Einfluss verschiedener Oberflächenmedien realitätsnah zu simulieren und in Bezug auf anwendungsspezifische Qualitätskriterien für Bezugsmaterialien von Polstermöbeln und Kraftfahrzeuginnenausstattungen gezielt zu beurteilen.
Lösungsweg
Auf Grundlage von umfangreichen physikalischen und begleitenden chemischen und thermodynamischen Untersuchungen waren die Alterungsprozesse und Einflussfaktoren zunächst zu erfassen und die zur Erstellung der komplexen Methode bestmöglich den Gebrauch adressierenden Alterungsszenarien, Prüfmedien, Prüfverfahren, Zielparameter und Beurteilungskriterien herzuleiten.
Ergebnisse
Im Rahmen von Vergleichsuntersuchungen an den erworbenen Referenzmaterialien und eigens hergestellten Modellsystemen PUR-beschichteter Textilien konnte gezeigt werden, dass sich die klassischen Bewitterungsszenarien, d. h. die Hydrolysealterung, die Wärmelagerung sowie die Heißlichtechtheits-/Heißlichtalterungsprüfung dazu eignen, um in Kombination mit gezielt abgestimmten Medienauftragsverfahren und den nachweislich zur Effekterkennung und -differenzierung beitragenden physikalischen Prüfungen (u. a. Dauerknickbeständigkeit, Kratzbeanspruchung, Reibechtheit) die avisierten Eigenschaftsänderungen und Versagensphänomene widerzuspiegeln.
Es wurden tiefgreifende Erkenntnisse zu Alterungs- und Medieneffekten bei Wirkung unterschiedlicher Belastungen und Oberflächenmedien gewonnen. So zeigten sich insbesondere bei Behandlungen mit Insektenschutzmittel DEET und Oleinsäure (siehe Abb. 1a) verstärkte Wechselwirkungen und chemische Reaktionen mit der PUR-Beschichtung. Als weitere in Abhängigkeit von der jeweiligen Formulierung der Beschichtung kritisch einzustufende Medien wurden Sonnenschutzcremes (siehe Abb. 1b) bzw. deren Einzelsubstanzen sowie Ethanol 95-99 % identifiziert.
Mit Hilfe der neuen komplexen Methode lassen sich PUR-beschichtete Materialien hinsichtlich ihrer Alterungs- und Medienbeständigkeit in Abhängigkeit von den jeweiligen Gebrauchsanforderungen qualifizieren und optimieren. Somit liefern sowohl die erzielten Forschungsergebnisse als auch die entwickelte Methode einen wesentlichen Beitrag zur Realisierung höchst alterungs- und medienbeständiger Produkte.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben „Methode zur Alterungssimulation PUR-beschichteter Textilien“, Reg.-Nr.: 49MF170106 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz (INNO-KOM) – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.