Ausgangssituation
Kohlenstoffpartikel sind in der Lage, Polymerbauteilen besondere Eigenschaften, wie z. B. eine höhere mechanische Festigkeit oder eine elektrische Leitfähigkeit, zu verleihen. Das Interesse aus der Industrie an solchen Hybridmaterialien ist daher stetig wachsend. Es ist bekannt, dass es bei Verwendung von unterschiedlichen Kohlenstoffpartikeln zu synergistischen Effekten besonders hinsichtlich der elektrischen Leitfähigkeit kommen kann. Insbesondere für flexible und dehnbare Polymermatrices wurden solche Effekte bislang kaum untersucht.
Projektziel
Im Projekt sollten die Vorteile der Inkorporation nano- und mikroskaliger Kohlenstoffpartikel mit hohem Aspektverhältnis (Carbonnanotubes bzw. Carbonfasern) systematisch untersucht und das Potenzial der synergistischen Effekte ausgelotet werden, um diese für den Bereich flexibler Polymerflächen nutzbar zu machen. Die elektrische Leitfähigkeit sollte so hoch sein, dass mit sehr niedriger Spannung (5 – 16 V) eine für die elektrische Beheizung ausreichende Leistung erzielt werden kann. Der Fokus lag auf der Entwicklung dünner Materialien, die ein hohes Potenzial hinsichtlich einer Gewichtsreduktion aufweisen.
Lösungsweg
Im Rahmen der Projektarbeiten wurden ein reines Elastomer (Silicon) und ein Polymer mit hohem elastischen Anteil (Polyurethan) als Polymermatrix verwendet. Aus den genannten Polymeren wurden Beschichtungssysteme entwickelt, die einerseits Carbonnanotubes (CNT) als leitfähiges Netzwerk und Carbonfasern (CF) als Synergist und andererseits CF als leitfähiges Netzwerk und CNT als Synergist enthielten. Um die angestrebte extrinsische Leitfähigkeit im System einzustellen, wurden CNT verwendet, die sich sehr gut sowohl in lösemittelhaltige als auch wässrige Polymermassen einarbeiten lassen und kostengünstig in großen Mengen am Markt verfügbar sind. Als mikroskalige Komponenten wurden oberflächenmodifizierte CF-Kurzfasern sowie Fasern auf Basis von single walled Carbonnanotubes (SWCF) eingesetzt. Aus diesen Massen wurden im Streichverfahren Hybridschichten hergestellt, an denen umfangreiche Prüfungen hinsichtlich mechanischer und elektrischer Eigenschaften sowie der Partikelanordnung in der verfestigten Hybridschicht durchgeführt wurden.
Ergebnisse | Nutzen
Durch systematische Entwicklungsarbeiten wurde der anvisierte synergistische Effekt erzielt. Die Intensität des Effektes ist abhängig von der Länge und der Leitfähigkeit der Fasern, dem Faseranteil sowie deren Verteilung in der Polymermatrix. Letztere kann durch eine geeignete Faserschlichte sowie angepasste Dispergieradditive optimiert werden. AFM-Untersuchungen zeigen eine gute Benetzung der Carbonadditive (Abb. 1) mit der Polymermatrix.
Die höchsten spezifischen Leitfähigkeiten der Hybridschichten mit CNT-Netzwerk und CF als Synergist lagen für Silicon bei 200 S/m und für PU bei 350 S/m. Wurden anstelle von Kohlenstofffasern hochleitfähige SWCF eingesetzt, konnten z. B. für Siliconhybridschichten spezifische Leitfähigkeiten von 1.700 S/m erreicht werden. Der synergistische Effekt, der durch Zugabe von SWCF zu CNT-haltigen Siliconmatrices eintritt, ist in Abb. 2 dargestellt. Für diese Schichten wurde bei einer Spannung von 24 V eine Flächenleistung von 1.650 W/m² für einen Kontaktierungsabstand von 20 cm erzielt. Aufnahmen der beheizten Schichten zeigen eine sehr homogene Temperaturverteilung über die gesamte Fläche, sodass von einer gleichmäßigen Partikelverteilung ausgegangen werden kann (Abb. 3). AFM-Untersuchungen belegen die homogene Dispergierung der CNT-Partikel sowohl in der PU- als auch der Siliconmatrix. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass die mikroskaligen Carbonfasern mit den nanoskaligen CNT in Kontakt stehen und diese über den großen Abstand der Faserlänge verbrücken. Das Potenzial solcher Hybridschichten wird überall dort gesehen, wo leichte Materialien gefordert sind, die mit niedrigen Spannungen zwischen 6 – 24 V betrieben werden sollen. Prädestinierte Bereiche sind Wearables sowie Smart Materials im Mobilbereich.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben „Hoch leitfähige, flexible Polymerhybridmaterialien“, Reg.-Nr.: 49VF180018 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz (INNO-KOM) – Modul Vorlaufforschung (VF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.