Ausgangssituation
Verbundgläser (VG) und Verbundsicherheitsgläser (VSG) finden aufgrund ihrer Eigenschaften breite Anwendung. So zum Beispiel als flächige oder gebogene Laminate in Frontscheiben (Automobilsektor), in Solarzellen (Solarbranche) und im Bausektor. Besonders funktionalisierte Verbunde, in die beispielsweise LEDs und/oder Solarzellen integriert sind, bieten ein sehr hohes Innovationspotential. Der Sandwichverbund aus mindestens zwei Glasscheiben mit mittiger Kunststofffolie (z. B. Ethylenvinylacetat – EVA oder Polyvinylbutyral – PVB) gewährleistet neben der Transparenz eine hohe Festigkeit und im Schadensfall eine ausreichende Resttragfähigkeit. Optimierungsbedarf bezüglich der Anwendung von VG besteht vor allem hinsichtlich deren begrenzter Lebensdauer sowie einer unzureichenden Auslegung zur Berechnung der Tragfähigkeit bezüglich des mechanischen Langzeitverhaltens. Die Lebensdauer von Verbundgläsern wird durch den Prozess der Delaminierung bestimmt, welche u. a. durch das Eindringen von Wasser an den Randzonen initiiert wird. Durch die Wasserquellbarkeit von PVB gelangt Wasser an die Glas-Folien-Grenzschicht und verringert dort die Adhäsion des Verbundes. Dies führt vor allem unter dem Einfluss von mechanischen Spannungszuständen zum irreparablen Totalausfall des Bauelementes. Dies ist im Falle von funktionalisiertem VG sehr kostenintensiv, da das gesamte Bauteil ausgewechselt werden muss.
Projektziel
Das Projekt beinhaltete zum einen die Optimierung der Lebensdauer, zum anderen die Ausarbeitung eines Modells zum mechanischen Verhalten von VG. Das Materialmodell sollte dabei die verbesserten Verbundeigenschaften im Vergleich zum derzeitigen Stand der Technik beschreiben und nutzbar machen.
Lösungsweg
Die Materialoptimierung wurde über die Oberflächenbehandlung (Plasmaaktivierung und -beschichtung, Entalkalisierung) des Glases realisiert. Durch das Abscheiden von Schichten bzw. die Aktivierung der Glasoberfläche sollte die Grenzfläche zwischen Glas und Folie für einen hydrolytischen Angriff unattraktiv und ein Versagen aufgrund von Delamination deutlich verzögert werden. Dies floss in die Erstellung des mechanischen Modells ein, bei dem drei Materialbereiche einbezogen wurden: Die Grenzfläche als Adhäsionszone, die Glaskomponente und die Kunststofffolie. Hierbei kamen Alterungseffekte und viskoelastische Relaxationsprozesse hauptsächlich in der Adhäsionszone und der Kunststofffolie zum Tragen. Das Modell wurde an planen Geometrien erstellt. Zur Validierung des Modells wurden praxisnahe Belastungstests durchgeführt.
Ergebnisse | Nutzen
Da nach der künstlichen Bewitterung der Glas-Folie-Verbunde keine visuellen Veränderungen ermittelt werden konnten, erfolgten Zug- sowie Torsionsprüfungen. Folgende Ergebnisse konnten dabei erfasst werden (Abb. 1):
Glas/EVA/Glas-Verbund
leichte Festigkeitssteigerung (z. B. nach HMDSO-Plasmabeschichtung, Entalkalisierung)
keine signifikante Verbesserung der Festigkeiten nach Alterung
Glas/PVB/Glas-Verbund
bei Oberflächenmodifikation ähnliche Anfangsfestigkeiten nach Lamination wie bei unbehandeltem Glas-Folie-Verbund
deutlich höhere Restfestigkeit bei Oberflächenmodifikation (vor allem Plasmaaktivierung und Plasmabeschichtung mit HMDSO) nach Alterung
Oberflächenmodifikation hat deutlichen Einfluss auf Alterungseffekte und damit auch auf die Langzeitbeständigkeit
Die Eignung grundlegender Untersuchungen zur modelltechnischen Abbildung von Glasstrukturverbunden durch multidirektionale Belastungstests konnten modellseitig nur teilweise abgebildet werden. Die gewonnenen Ergebnisse geben Aufschluss über die Eignung der Untersuchungsmethoden zur Abbildung der Belastungen im System.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 20523 BR der Forschungsvereinigung „FILK Freiberg Institute gGmbH“, Meißner Ring 1-5, 09599 Freiberg wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.