Ausgangssituation
Bei der Lederherstellung werden Häute ab Schlachthof mit Schlaufenetiketten markiert. Diese aus konventionellen Polymeren bestehenden Etiketten müssen im weiteren Produktionsprozess bislang aufwändig per Hand entfernt werden. Reste dieser Etiketten verursachen zudem regelmäßig Schwierigkeiten bei der Weitervermarktung von Nebenprodukten als Rohstoff für die Lebensmittelindustrie sowie bei der in den Produktionsprozess integrierten energetischen Verwertung von Reststoffen und der Abwasseraufbereitung. Durch den Einsatz von laugelöslichen Etiketten würde ein manuelles Entfernen von Kunststoffetiketten entfallen.
Projektziel
Ziel des vorliegenden Projektes war, eine wasserbeständige, aber in Lauge lösliche Folie zu entwickeln, die für Schlaufenetiketten für die Markierung von Rinderhäuten ab Schlachthof eingesetzt werden kann. Etiketten, die sich in Lauge lösen oder zersetzen, können in der ersten Stufe der Weiterverarbeitung der Häute durch ihre Auflösung in der Äscherflotte über das Abwasser entfernt werden. Die genannten Probleme können so vermieden werden. Das angestrebte Material könnte in lederherstellenden Unternehmen zu erheblicher Kosteneinsparung durch Verminderung manueller Tätigkeiten, geringerer Verunreinigung von Nebenstoffströmen sowie durch verringerte Reparaturaufwendungen an Pumpsystemen beitragen. Die zu entwickelnden Folien sollten nach Möglichkeit biologisch abbaubar sein.
Lösungsweg
Die am Markt mindestens semiindustriell verfügbaren, in Lauge löslichen oder desintegrierbaren Polymere sollten durch Blendherstellung oder Zusatz von Weichmachern in ihrem Eigenschaftsprofil den Anforderungen an ein Etikettenmaterial angepasst werden. Aus Vorversuchen erschienen vor allem Blends aus thermoplastischer Stärke/Polycaprolacton (PCL) sowie spezielle Polyacrylate geeignet. Da Polyacrylate nicht biologisch abbaubar sind, wurden darüber hinaus Cellulosediacetate (CDA) sowie Blends mit Lignin und Keratin eingesetzt.
Es wurden Blends mit Lignin, Polycaprolacton (PCL) und Cellulosediacetat (CDA) hergestellt. Es konnten bis zu 30 % Lignin in eine Polycaprolacton-Matrix eingearbeitet werden. Die aus dem PCL/Lignin-Blend hergestellten Folien zeigten jedoch unzureichende Festigkeiten. Zudem weisen sie einen starken Eigengeruch auf, der die Akzeptanz dieser Folien erheblich einschränkt. Die Herstellung von Blends mit Cellulosediacetat konnte mit Weichmacher und Lignin sowie Keratin realisiert werden. Haarkeratin wird im Prozess des Äscherns während der Lederherstellung aufgelöst und sollte daher die Löslichkeit des Folienmaterials verbessern. Die Herstellung von Folien erfolgte mit 20 % Lignin oder 20 % Keratin. Neben guten mechanischen Festigkeiten konnte im Äscher eine nahezu vollständige Desintegration erreicht werden. Allerdings weisen diese Folien eine erhebliche Quellung in Wasser auf. Dadurch wird vor allem die Haltbarkeit der Beschriftungen stark beeinträchtigt.
Da Stärkeblends semiindustriell gefertigt zur Verfügung gestellt werden konnten, konzentrierten sich die Untersuchungen im Projektverlauf auf dieses Material. Die Stärke/Polyesterblends weisen von den im Äscherprozess desintegrierbaren Folien die niedrigste Quellung in Wasser auf (Abb. 1). Es wurden Zugfestigkeiten im trockenen Zustand bis 20 MPa sowie im nassen Zustand bis 14 MPa erreicht. Die aus geeigneten Folien hergestellten Schlaufenetiketten (Abb. 2) wurden in Pilotversuchen bis 200 kg Rohhaut getestet. Dabei zeigte sich, dass die Stege der Etiketten in feuchter Umgebung und bei starker mechanischer Beanspruchung zum Teil reißen.
Die Bedruckbarkeit der Etiketten sollte mit einer wetterfesten, lebensmittelechten Druckfarbe gewährleistet werden. Versuche mit wasserbasierten Farben waren nicht erfolgreich. Mit einem lösemittelbasierten System, das für direkten Lebensmittelkontakt geeignet ist, konnten gegen Wasser und Fett beständige kratzfeste Beschichtungen aufgebracht werden.
Ergebnisse | Nutzen
Innerhalb des Projektes konnten im Äscher desintegrierbare Folien hergestellt werden, die die Nachteile der bislang eingesetzten Etiketten vermeiden. Dazu zählen insbesondere die Verunreinigung von Nebenströmen für die Gelatine-Herstellung, das damit verbundene manuelle Entfernen der Etiketten sowie die Störung des Pumpenbetriebs in der Nebenstromförderung. Die Folien konnten aus biologisch abbaubaren Stärke/Polyesterblends mit üblichen Extrusionsverfahren als Flachfolie hergestellt und ein beständiger Aufdruck auf den Etiketten realisiert werden. Mittels Laserschneiden wurden Etikettenmuster mit zwei verschiedenen Abmessungen hergestellt und im Äscherprozess getestet. Die Etikettenreste waren nach dem Äscher kaum auffindbar. Nach den Pilotversuchen im Weichefass mit 200 kg Beladung mit Rohhäuten zeigte sich jedoch, dass Etiketten mit handelsüblichen Abmessungen in der Weiche bereits reißen. Um sicherzustellen, dass die Etiketten während des Transportes, Umlagerns und Sortierens der Häute verlässlich nicht reißen, sind Versuche mit größeren Foliendicken notwendig.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 20310 BR der Forschungsvereinigung „Forschungsgemeinschaft Leder e. V.“, Mainzer Landstr. 55, 60329 Frankfurt/Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.