AUSGANGSSITUATION
Die Verwendung von Gerbstoffen aus Pflanzen als alleinige Vorgerbung stellt eine Möglichkeit dar, durch Verzicht auf synthetische oder chromhaltige Gerbstoffe Nachhaltigkeit und Ökologie bei der Lederherstellung zu verbessern. In den letzten Jahren wurde eine neue Gruppe sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe, die Iridoide bzw. Secoiridoide für die Verwendung als Gerbstoff entdeckt. Diese Substanzen besitzen vermutlich aufgrund ihrer molekularen Struktur einen dem Glutaraldehyd ähnlichen Reaktionsmechanismus. Dadurch können bei der Vernetzung von Kollagen bekannte Nachteile konventioneller vegetabiler Gerbungen wie lange Prozesszeiten oder schwache Wechselwirkungen vermieden werden. Momentan wird ein Gerbstoff aus Olivenblättern mit vernetzungsaktiven Substanzen aus o. g. Stoffgruppe kommerziell angeboten. Um die Produkt palette alternativer pflanzlicher Gerbmittel um einen einheimischen Rohstoff zu erweitern, wurden in einem Vorgängerprojekt eine Reihe Pflanzen einem Screening auf solche vernetzungs aktiven Substanzen unterzogen. Extrakte aus Liguster blättern zeigten dabei eine besonders hohe Vernetzungsaktivität.
PROJEKTZIEL
Im Projekt sollte ein Gerbverfahren zur Herstellung von Ledern auf Basis einer rein pflanzlichen Vorgerbung mit Gerbstoffen aus Liguster entwickelt werden.
LÖSUNGSWEG
Die Bearbeitung des Projektes umfasste folgende Teilschritte:
Optimierung der Extraktherstellung
Aufskalierung der Extraktherstellung
Entwicklung einer Methode zur Charakterisierung der Extrakte und Identifizierung der vernetzungsaktiven Substanzen
Optimierung der Vorgerbtechnologie im Labormaßstab
Herstellung von Ledern mit Anpassung der Wasserwerkstatt und der Nasszurichtung
Materialprüfung der Leder und Vergleich mit Glutaraldehyd-gegerbten Referenzledern
ERGEBNISSE
Bei der Extraktoptimierung zeigte sich, dass besonders die Parameter Temperatur und Lösungsmittel von entscheidender Bedeutung sind. Bei Temperaturen oberhalb von 60 °C und mit organischen Lösungsmitteln werden die Secoiridoide (Oleuropein, Ligustalosid A, Ligstrosid) in ihrer glycosilierten, d. h. nicht aktiven Form extrahiert. Die pflanzeneigenen Enzyme, die eine Deglycosilierung bewirken, werden bei hohen Temperaturen und in organischen Lösungsmitteln inaktiviert.
Die Vernetzungsaktivität der Extrakte wurde an Hautpulver überprüft. Nach Behandlung des Hautpulvers mit den Extrakten unter standardisierten Bedingungen wurden Denaturierungstemperaturen und der Anteil der vernetzten Lysingruppen bestimmt. Die vernetzungsaktiven (deglycosilierten und weiter abgebauten Secoiridoide) konnten mit den vorhandenen analytischen Methoden (HPLC, LC-MS) nicht identifiziert werden.
Ligusterextrakt ist ein hochaktiver, über weite pH-Bereiche wirksamer Gerbstoff. Deshalb musste bei der Optimierung der Blößengerbung im Labormaßstab besonderes Augenmerk auf die Ermittlung einer optimalen Gerbstoffkonzentration gelegt werden, die sowohl eine ausreichende Vernetzung als auch eine vollständige Durchgerbung über den gesamten Hautquerschnitt gewährleistet. Zusätzlich wurde untersucht, die zerkleinerten Blätter ohne Extraktion zum Gerben verwendet werden können. Bei sehr feiner Vermahlung der Ligusterblätter ist das Gerbergebnis vergleichbar mit der Gerbung mit Ligusterextrakt.
Mit den im Labor ermittelten Parametern wurden Leder im Technikumsmaßstab hergestellt. Variiert wurde dabei die pH-Führung, die Verwendung von Blattpulver und Blattextrakt und die Nasszurichtungstechnologie. Zum Vergleich wurden Glutaraldehyd-gegerbte Leder mit den gleichen Technologien produziert. Die Eigenschaften der mit Ligusterextrakt hergestellten Leder sind mit denen der glutaraldehydgegerbten Leder vergleichbar. Die Prozesszeiten für die Ligustergerbung sind noch deutlich länger als für die Glutaraldehygerbung. Hier sind weitere Optimierungsversuche nötig. Die Färbung der Liguster-Halbfabrikate ist dunkler als ein wet white. Leder, die mit gemahlenen Blattpulvern hergestellt wurden, zeigen höhere Festigkeiten als die mit Glutaraldehyd gegerbten und die mit Ligusterextrakt gegerbten Leder. Die Ligusterleder genügen in fast allen untersuchten mechanischen Parametern den Anforderungen eines ausgewählten Automobilherstellers.
Innerhalb des bearbeitenden Forschungsprojektes konnte gezeigt werden, dass eine Gerbung mit einem einheimischen pflanzlichen Gerbstoff auf Basis von kovalent vernetzenden Secoiridoiden zu Ledern mit guter Qualität führt.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben „Entwicklung eines Gerbverfahrens mit Ligustergerbstoffen“, Reg.-Nr.: MF160002 wurde anteilig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages innerhalb des Förderprogramms „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen in Ostdeutschland – Modul Marktorientierte Forschung und Entwicklung (MF)“ über den Projektträger EuroNorm GmbH gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.