Ausgangssituation
Der Trend metallische Werkstoffe durch die Verwendung von gezielt auf die Anwendung modifizierte Kunststoffe wie Polypropylen (PP) zu substituieren ist branchenübergreifend zu beobachten. Bauteile aus PP-Compounds werden in hohen Stückzahlen spritzgegossen und zeigen oft erhöhte VOC-Werte. Bislang wurden die Stellschrauben für emissionsgeminderte spritzgegossene Bauteile in ihrer Komplexität im Gegensatz zum Compound nicht untersucht.
Projektziel
Ziel des Vorhabens war es, die VOC-Entstehung bei polypropylenbasierten Materialien entlang der Wertschöpfungskette (Polymerherstellung – Compoundierung – Spritzguss) in Kombination mit der Entwicklung geeigneter zeitsparender Analyseroutinen zur effizienten Bewertung der Emissionen zu betrachten. Die Untersuchungen erfolgten vergleichend an polypropylenhaltigen Materialien, die sowohl ungefüllt als auch mit Talkum gefüllt waren. Die für die VOC-Bildung verantwortlichen kritischen Prozessgrößen und klassischen Verarbeitungsfehler sollten identifiziert werden. Eine Handlungsempfehlung für die Verarbeitung war zu erarbeiten.
Lösungsweg
Die verschiedenen PP-Typen wurden industrienah bei hoher Maschinenauslastung unter systematischer Variation der Parameter bei optimierter Entgasung compoundiert. Für die Bewertung des sich anschließenden Spritzgussprozesses wurde die Spritzgießsimulation mit ermittelten Stoffdaten ausgeführt. Die Validierung der Füllsimulation erfolgte an einem modularen Balkenwerkzeug.Im Gegensatz zur VOC-Bewertung von Kunststoffgranulaten spielen bei Kunststoffbauteilen zusätzlich die Geometrie, der Anguss und Schnittkanten eine wesentliche Rolle. Daher erfolgt bislang eine Bewertung von Kunststoffbauteilen in Form einer flächenspezifischen Emissionsrate. Die dazu erforderlichen Untersuchungen in einer Emissionskammer sind jedoch sehr zeitaufwändig und teuer. Daher sollten Messungen in der Microchamber so qualifiziert werden, dass in deutlich kürzeren Zeiten verlässliche Daten der verarbeitungsbedingten VOC-Werte vorliegen.
Ergebnis
Die Kombination aus starker Entgasung und hoher Schneckendrehzahl bei der Compoundierung der verschiedenen PP-Typen mit ca. 30 % Talkum ergibt Bauteile mit signifikant geringeren Emissionen gegenüber dem Eingangsmaterial. Das erreichbare Niveau ist vom PP-Typ abhängig.
Beim Spritzgießen dieser Compounds ist der Füllvorgang entscheidend und wurde zur Erfassung der thermischen und mechanischen Belastung der Schmelze simuliert und anschließend experimentell validiert. Die simulierten und gemessenen Druckverläufe in der Kavität stimmten für die angepassten Materialkarten gut überein. Folglich ist es gerechtfertigt, die Emissionswerte mit den Belastungen im Spritzgussprozess zu korrelieren.
Die Verweilzeit der Schmelze in der Verfahrenseinheit der Spritzgussmaschine in Kopplung mit den technisch üblichen Prozesstemperaturen ist entscheidend für den Anstieg der Emissionen durch diesen Verfahrensschritt, nicht jedoch die Scherrate. Die aufeinander abgestimmte Auswahl der kritischen Prozessparameter Temperatur und Einspritzgeschwindigkeit beim Spritzguss ermöglicht die Senkung der Emission.
Die Bestimmung der Emission in der Microchamber in µg/m³ ist geeignet, die Emissionen pro Volumen schnell zu bewerten. Es wurde gezeigt, dass das Abklingverhalten der Emissionen in der Microchamber vergleichbar dem in einer ca. 100 fach größeren Kammer ist. Damit ist diese Methode insbesondere für die Materialentwicklung geeignet.
Die Überprüfung der Handlungsempfehlung zeigte, dass eine Abstimmung von Schussgewicht und Volumen der Plastifiziereinheit zwingend für geringe Emissionen ist.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 18006 BG wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir bedanken uns für die gewährte Unterstützung.